Während am 26.02.2024 auf der Ruhrgebietskonferenz pflegende Angehörige und Pflegedienste über Pflegetriage berichten, führt die AOK NordOst in Schwerin einen Dialog unter dem Motto „Zukunft der Pflege – Wie steht es um die Finanzierung und Qualität in der Sozialen Pflegeversicherung und was ist jetzt dringend zu tun?“ durch.
Ruhrgebietskonferenz „Pflegebedürftige als Kunden abzulehnen, gehört mittlerweile zum Alltag von Pflegediensten. Genauso wie Kündigungen von besonders schwierigen Fällen, weil die Pflegeanbieter dabei drauflegen und sie kein Personal dafür finden. „Pflege-Triage“ heißen solche Situationen, und darüber diskutierte die Initiative Ruhrgebietskonferenz Pflege mit teils drastischen Beispielen und ohne Zuversicht, dass sich die Situation in naher Zukunft verbessern könnte. Für Pflegebedürftige mit chronischen Wunden wird es immer schwieriger, ambulant zu Hause versorgt zu werden Der Mann ist 90, schwer pflegebedürftig, mit Pflegegrad 5. Seine gleichaltrige Frau pflegt ihn seit fast zehn Jahren zu Hause, doch inzwischen braucht sie selbst Hilfe. Die Tochter versorgt ihren Vater vor und nach der Arbeit, dazwischen schaut dreimal am Tag ein Pflegedienst vorbei. Jetzt hat der Pflegedienst gekündigt. Ersatz ist nicht zu finden und in einer Tagespflege gibt es auch keinen Platz. Wie es weitergehen soll, weiß niemand.“
Auch beim Dialog der AOK NordOst ist man nach dem Dialog nicht schlauer als vorher und der Eindruck kann entstehen, auch dort weiß niemand wie es weitergehen soll. Die Pflegeversicherung muss neu gedacht, da sind sich alle einig. Aber wann wird es soweit seien, dass die Politik endlich die Erkenntnisse ins Handeln umsetzt? Diese Frage bleibt unbeantwortet.
Dr. Rothgang konnte gesundheitlich nicht anwesend sein. Er schickte Thomas Kalwitzki, Wissenschaftlicher Geschäftsführer der Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik Universität Bremen und wer diesen schonmal lauschen durfte, der weiß, dass die Ansätze sehr interessant klingen aber in der Politik leer verhallen, auch weil die demokratischen Parteien sich in diesem wichtiger nicht einig sind. Gleich am Anfang stellte der Moderator fest, dass wir bereits vor 5 Jahren einen sehr ähnlichen Dialog in Schwerin hatten. Berechtigterweise entsteht die Frage, was hat sich getan? Kalwitzki stellte klar, wir haben Balkone an bestehende Gesetze angebaut und damit das Fundament immer mehr belastet, jetzt bricht das Haus zusammen. Daniela Teichert (AOK NordOst) verdeutlichte, dass ja häufig in unserer Gesellschaft nach DRINGLICHKEIT gehandelt wird. Die Dringlichkeit für die Reformierung der Pflegeversicherung ist jetzt mehr denn je gegeben. Gleichzeitig wies Frau Teichert darauf hin, dass Veränderungen in der Finanzierung der Pflegeversicherung eher mittel bis langfristig wirken. Es werden auch Handlungen gebraucht, welche sofort wirken.
Auf der Ruhrgebietskonferenz wiederum stellte Christian Westermann klar, auch das Versagen der Selbstverwaltung trage an der Pflege – Triage bei. Und ohne auskömmliche Vergütung lehnten es viele Pflegedienste ab, […]
Hier versage die Selbstverwaltung, waren sich die Anbieter einig und fordern die Politik auf, Druck auf die Kassen zu machen, sich endlich zu bewegen. Schließlich hätten die Kostenträger den Versorgungsauftrag und würden dem nicht gerecht werden. Doch die Hoffnung, dass sich hier etwas ändert, ist nicht besonders groß. Unter den Akteuren in der Pflege macht sich eher Resignation breit. Dem Kernproblem, mit immer weniger Menschen immer mehr Pflegebedürftige zu versorgen, komme man mit dem bestehenden System nicht bei, klang durch. Doch ein Systemwechsel in der Pflege, wie er von manchen gefordert wird, ist auch nicht in Sicht.
Aus dem Städte- und Gemeindetag M-V klingt das ähnlich: „Verantwortlich auch vor Ort sind und bleiben die Pflegekassen und das Land Mecklenburg-Vorpommern! Was wir wahrnehmen ist, dass sich die Pflegekassen zunehmend aus der Verantwortung stehlen und sich dem Dialog nicht stellen. […] Das Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern muss seine Verantwortung zur Aufsicht über die Pflege im Land wahrnehmen und kann sich nicht damit herausreden, diese vor Jahren an ein anderes Bundesland übertragen zu haben. […] „Zu dieser Aufsichtsverantwortung gehört, dass auch bei ambulanten Pflegediensten die geltenden Tarifverträge bei den Verhandlungen beachtet werden. Pflegekassen sind nicht nur für die Einhaltung ihres Budgets verantwortlich, sondern in erster Linie für eine gute Versorgung der gesamten Bevölkerung mit Leistungen der Pflege und der Beratung. […]
Unser nächster Bürgerdialog findet am 28.02.2024 in Greifswald statt. Seien wir gespannt, ob uns dort auch von einer Pflege – Triage berichtet wird.