Die großen Wohlfahrtsverbände haben die Verhandlungen zur Finanzierung der häuslichen Krankenpflege im Nordosten für gescheitert erklärt.
Im Dauerstreit der großen Sozialverbände in Mecklenburg-Vorpommern mit den Krankenkassen über die Finanzierung der häuslichen Krankenpflege ist kein Ende in Sicht. Die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege im Nordosten erklärte die Verhandlungen für 2024 für gescheitert, wie die Organisation am 26. Februar in Schwerin mitteilte. Kassen und Verbände hätten sich – wie schon im Vorjahr – nicht auf neue Preise für die Leistungen der 187 ambulanten Pflegedienste der Wohlfahrtsverbände verständigen können.
„Für uns steht das Wohl unserer Patienten an erster Stelle. Doch ihre Versorgung ist derzeit akut gefährdet“, sagt Jan-Hendrik Hartlöhner, neuer Vorsitzender der LIGA seit Januar dieses Jahres. „Wir wollen unsere Patienten auch in Zukunft qualitativ hochwertig und verlässlich versorgen. Aber dafür brauchen wir eine angemessene und auskömmliche Refinanzierung unserer Leistungen“, so Hartlöhner.
Im vergangenen Jahr gab es zur Beilegung des Konflikts letztlich einen Schiedsspruch. Dagegen haben die Krankenkassen im Dezember letzten Jahres geklagt, weil sie den Spruch für rechtlich mangelhaft halten. Bisher wurde die Vergütung der Leistungen der Häuslichen Krankenpflege von den Krankenkassen nur pauschal weiterentwickelt, ohne Rücksicht auf die in den ambulanten Pflegediensten tatsächlich entstandenen Kosten, kritisiert die LIGA. Diese Pauschalen seien aber zu niedrig, da sie die gestiegenen Lohnkosten nicht berücksichtigen.
„Wir zahlen Gehälter auf Tarifniveau. So erkennen wir die gute und wertvolle Arbeit der Mitarbeitenden in der Pflege an. Die Kostenträger müssen diese Entwicklungen in der Vergütung mittragen “, so Hartlöhner weiter. Die Wohlfahrtsverbände, darunter die Diakonie, die AWO und das DRK, forderten die Krankenkassen auf, die Klage zurückzuziehen und den Schiedsspruch anzuerkennen. „Nur durch die vollumfängliche Umsetzung des Schiedsspruchs werden die in den ambulanten Pflegediensten entstehenden Personalkosten refinanziert und eine flächendeckende Versorgung mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege ermöglich“, betonte der LIGA-Vorsitzende.
Die Krankenkassen sind der Auffassung, der Schiedsspruch sei rechtlich mangelhaft. Für die vorgesehene Einführung einer neuen Vergütungssystematik und die vorgesehene Vergütungssteigerung sei keine nachvollziehbare Begründung geliefert worden, erklärten sie auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Dies ließen die Kassen aktuell rechtlich prüfen. Die Festlegung der Schiedsperson, die Vergütung um durchschnittlich 25 Prozent über alle Pflegedienste des Verbandes heraufzusetzen, werde dennoch umgesetzt.
Die Pflegedienste erhielten das Geld. Hartlöhner erwiderte, dass dieses Geld unter Vorbehalt des Ausgangs des Klageverfahrens stehe und die Gefahr bestehe, dass Teile davon zurückgezahlt werden müssten. Das Geld sei aber bereits den Mitarbeitern für Tariflöhne ausbezahlt worden.
Das Scheitern der aktuellen Vergütungsverhandlungen für 2024 bedauere man sehr, betonten die Kassen. Mit dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), der Bundesarbeitsgemeinschaft Hauskrankenpflege (B.A.H.) und mit dem Arbeitgeber- und BerufsVerband Privater Pflege (ABVP) seien sie bereits abgeschlossen.
Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) zeigte sich besorgt über den andauernden Streit. „Den ambulanten Pflegediensten fehlt durch die Nichteinigung die wirtschaftliche Sicherheit. Das ist mit Blick auf die gefährdete Versorgung der Pflegebedürftigen im häuslichen Bereich und deren Angehörigen nicht akzeptabel“, betonte sie. Drese appellierte an das Verantwortungsbewusstsein und die Kompromissfähigkeit aller Beteiligten. Die Ministerin kündigte an, die Liga und Pflegekassen demnächst erneut zu einem gemeinsamen Gesprächstermin im Ministerium zusammenzubringen.
In der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege haben sich die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie, der Paritätische Wohlfahrtsverband und die Zentrale Wohlfahrtsstelle der Juden in Mecklenburg-Vorpommern zusammengeschlossen. In ihren Einrichtungen und Organisationen arbeiten mehr als 61.000 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie werden von über 10.000 Ehrenamtlichen unterstützt.
Ende 2021 bezogen laut Statistischem Landesamt 122.866 Menschen im Nordosten Leistungen aus der Pflegeversicherung, 20.000 mehr als Ende 2019. Der weitaus größte Teil wird von Angehörigen zu Hause gepflegt. Etwa 33 500 Betroffenen erhielten Hilfen durch ambulante Pflegedienste, knapp 20.000 wurden in Heimen betreut.