Ganz klar: Pflege ist ein Tabuthema. Darüber redet man nicht. Im Bürgerdialog in Wismar fragte der Moderator in Publikum: „Wer von Ihnen wird irgendwann von Pflegebedürftigkeit betroffen sein?“ 5 von 6 Frauen, 2 von 3 Männern hätten statistisch gesehen, die Hand heben müssen. Jemand murmelte „Ich spring lieber vorher von der Brücke“.
Der demographische Wandel ist ja kein Überraschungsmoment. Uns allen ist seit 30 Jahren bewusst, dass die Gesellschaft überaltert. Da drängt sich die Frage auf „Kann unsere Gesellschaft die Bedürftigen noch pflegen und wie soll das bezahlt werden?“
Simone Borchardt von der CDU Bundestagsfraktion, zu Gast im Podium, wird nicht müde, sich gegen eine Erhöhung von Beiträgen einzusetzen und weist darauf hin: „Wir haben kein Einnahmenproblem – wir haben ein Verteilungsproblem“. Dies ändert jedoch nichts daran, dass wir in der Pflege nicht nur ein Fachkräfteproblem haben, sondern ein Arbeitskräfteproblem. Es ist eben häufig die helfende Hand die fehlt, sagt Ekkehard Giewald – Vorstandsvorsitzender DRK KV NWM e. V.
Maik Wolff: „Pflege ist etwas besonders. Menschen in schwierigen Lebensphasen Individualität und Selbstbestimmung zu ermöglichen, dass gibt einem selbst soviel zurück. „Ich bin Altenpfleger geworden, weil dies ein leidenschaftlicher, attraktiver und zukunftsorientierter Beruf ist. Ich musste lernen, dass es die kleinen Momente sind, die das Leben reich machen.
Wann ist der Gesellschaft das Thema Achtsamkeit und Fürsorge verloren gegangen und appellierte, dass jeder im Saal auch bei sich selbst anfangen muss, Kinder und Enkelkinder für das Thema „Sorgen füreinander“ zu sensibilisieren und nach der Schule ein FSJ oder einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren. Über diesen Weg bekommen junge Menschen einen guten Einblick in die Attraktivität und die Vielfalt des Pflegeberufes und neben der Professionalität auch einen Einblick in die Bedeutung eines Berufes, in welchem mit Menschen gearbeitet wird.“
Heute gibt es den Zivildienst nicht mehr. Es wird hitzig im Saal diskutiert, ob es ein Pflicht–Gesellschaftsjahr geben sollte. Am Ende besteht doch mehr Einigkeit als Widerspruch, Berufswahl ist heute ein schwieriges Thema geworden, so sehr die Welt heute offen steht, so schwierig fällt die Entscheidung für einen Beruf, den man aus der Perspektive eines jungen Menschen ein ganzes Leben lang ausübt.
Wir wollen eine starke Gemeinschaft. „Ich glaube, es tut jedem einfach nur gut, wenn er sich für die Gesellschaft einsetzt – und wenn er aus der Schule herauskommt, einfach etwas anderes noch macht, etwas anderes sieht“ betont Jörg Heydorn „Wir müssen viel stärker dafür werben.“ Denn es gehört einfach dazu, „wenn man auch mal etwas zurückgeben kann“. Man müsse verdeutlichen, wie alle davon profitieren können.
Wir lernen in der Schule verpflichtend Lesen und Schreiben. Man kann genauso soziales Miteinander und soziale Bildung zu einer Lernpflicht machen. Niemand wird bestreiten, dass Lesen, Schreiben und Rechnen Lernen wichtig ist. Genauso wichtig ist für unsere Gesellschaft die soziale Bildung. Und die Folgen, wenn diese soziale Bildung nicht da ist, die erleben wir doch jeden Tag: in den digitalen Räumen, wo wir Menschen nicht mehr zusammenkommen.“